Hauptsammler in Bruchsal zukunftsfähig gemacht
In Bruchsal stellte die Sanierung eines stark beschädigten Großprofilkanals unter einer der meistbefahrenen Bahnstrecken Deutschlands die Beteiligten vor Herausforderungen: Enge Platzverhältnisse, eine Vielzahl kreuzender und paralleler Versorgungsleitungen im Kanal sowie der laufende Bahnbetrieb erforderten eine präzise Planung und Koordination. Ausgeführt wurden die Arbeiten von der Sanierungstechnik Dommel im Auftrag eines Konsortiums aus dem Abwasserbetrieb Bruchsal (AWB), den Stadtwerken Bruchsal (SWB) und der Energie- und Wasserversorgung Bruchsal (ewb) sowie in enger Abstimmung mit der DB Infra Go AG. Grundlage des Projekts stellte die Planung durch das Ingenieurbüro TeamBau Part GmbH aus Karlsruhe dar.
Der Mischwasserkanal in der Werner-von-Siemens-Straße in Bruchsal fungiert als eine der Hauptentwässerungsadern der Stadt. Errichtet im Jahr 1896, weist der Kanal ein gemischtes Profil aus Mauerwerk und Beton mit einer Gewölbedecke sowie einer Trockenwetterrinne auf. Bereits bei Inspektionen in den Jahren 2010 und 2012 wurden erhebliche Schäden dokumentiert. Risse, Ausbrüche und fortgeschrittene Materialermüdung stellten an mehreren Stellen die Standsicherheit des Bauwerks infrage. In früheren Sanierungsetappen waren einzelne Abschnitte des Kanals erneuert worden, unter anderem im Jahr 2014 durch den Einbau von Rohren aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). Aufgrund der örtlichen Rahmenbedingungen wurden die Profile damals mit einer geringen Überdeckung von teilweise nur 35 bis 45 Zentimetern in offener Bauweise eingebaut. Nun stand der kritischste Teilabschnitt zur Sanierung an: die rund 80 Meter lange Querung unter der stark frequentierten Bahnstrecke Heidelberg–Karlsruhe, gelegen zwischen der Siemens-Unterführung und dem Hauptbahnhof Bruchsal. Eine Sanierung war unumgänglich geworden, insbesondere nachdem es im August 2024 infolge eines Starkregenereignisses zu einer massiven Überflutung der angrenzenden Siemens-Unterführung kam.
Gewölbe mit Planungstiefe
Bereits in der Planungsphase wurden verschiedene Verfahrensmöglichkeiten geprüft – von Dükerlösungen bis hin zu Reliningmaßnahmen mit unterschiedlichen Querschnittsformen. Erschwert wurde die Maßnahme durch eine Vielzahl von Versorgungsleitungen im Kanal, darunter eine Grauguss-Wasserleitung mit einer Nennweite von DN 150, Telekom-Leerrohre sowie zwei hochsensible Lichtwellenleiterverbindungen (LWL), die unter keinen Umständen beschädigt oder unterbrochen werden durften. Auch die Sanierung während dem laufendem Bahnbetrieb erforderte besondere Vorkehrungen. Aufgrund der technischen und logistisch bedingten Rahmenbedingungen sowie einem Querschnitt-Wechsel zwischen Rundgewölbe und Kastenprofil, fiel die Wahl schließlich auf eine manuelle Innensanierung der Kanalwände und -sohle, kombiniert mit einer systematischen Neuordnung der Versorgungsleitungen innerhalb des Bauwerks. Um Trockenwetterabflüsse und Starkregen sicher zu beherrschen, wurde eine offene Wasserführung eingerichtet – ergänzt durch eine kontinuierliche Pegelüberwachung sowie Notfallpläne für Abflüsse bis zu 3.000 Litern pro Sekunde.
Manuelle Substanzwiederherstellung im Bestand
Der Zugang zum Sanierungsbereich war stark eingeschränkt und erfolgte primär über die bestehenden Schachtbauwerke. Für den Material- und Geräteeinbau wurde zusätzlich eine temporäre Montageöffnung geschaffen. Schon bei den vorbereitenden Arbeiten wurden stillgelegte, asbesthaltige Kabelkanäle in dem Gewölbekanal entdeckt. Diese wurden unter Einhaltung der einschlägigen Vorschriften rückgebaut und fachgerecht entsorgt. Nach der gründlichen Reinigung des gesamten Kanalprofis, entfernte Dommel lose und nicht tragfähige Betonteile und stemmte schadhafte Stellen bis auf den tragfähigen Betonkern an. Dies bildete eine optimale Untergrundvorbereitung für die nachfolgende Neubeschichtung. Ausgebrochene und reprofilierungsbedürftige Bereiche wurden fachgerecht ausgebessert. Anschließend erfolgte eine flächige Beschichtung der Wände und der Sohle mit einem kunststoffmodifizierten Zementmörtel (PCC-Möbel), um die Dichtigkeit sowie strukturelle Stabilität des Kanals wiederherzustellen. Parallel dazu wurden bestehende Anschlussleitungen neu eingebunden.
Leitungsumbau im Kanalinneren
Im Rahmen der umfangreichen Kanalsanierungsmaßnahme wurde auch die bestehende Ver- und Entsorgungsinfrastruktur im Kanalabschnitt systematisch rückgebaut, neu geordnet und zukunftsfähig ausgebaut. Die vorhandene Grauguss-Wasserleitung mit einer Nennweite von DN 150 einschließlich ihrer Betonauflager wurde vollständig demontiert und aus dem Kanal entfernt. Anschließend wurde sie durch eine neue Trinkwasserleitung mit einer Nennweite von DA 355 aus Polyethylen mit erhöhter Rissbeständigkeit (PE-RC) ersetzt. Darüber hinaus wurden die vorhandenen Telekom-Leerrohre und LWL-Kabel auf dem nördlichen Bankett neu angeordnet und fixiert, um deren Funktion dauerhaft zu gewährleisten. Zusätzlich wurden zwei neue Fernwärmeleitungen mit Nennweiten von DN 250 als Kunststoffmantelrohrsystem (KMR) eingebaut. Diese wurden in sechs Meter langen Segmenten vorgefertigt, in der westlichen Baugrube zu Strängen verschweißt, wärmegedämmt und nachumhüllt, bevor sie im Taktverfahren auf speziell konstruierten Rollenlagern in den Kanal eingezogen wurden. Zur Vorbereitung auf künftige Versorgungsbedarfe der ewb wurden darüber hinaus neue PE-Leerrohre in den Dimensionen DA63, DA110 und DA160 integriert.
Funktional differenziert, baulich verbunden
Zur klaren funktionalen Trennung zwischen dem neu geschaffenen Versorgungsbereich und dem Abwasserprofil wurde in Längsrichtung eine Mauer aus Kanalklinkern errichtet. Der dahinterliegende Hohlraum mit den neu geordneten Versorgungsleitungen wurde im Bereich des Kastenprofils abschnittsweise mit fließfähigem Dämmer verfüllt, um die neue Leitungslage zu stabilisieren und die strukturelle Integrität des verbleibenden Kanalquerschnitts zu sichern. In die Trennwand des Gewölbeprofiles wurden sieben Revisionsöffnungen mit einer Nennweite von DN 500 aus Edelstahl integriert. Diese ermöglichen zukünftige Inspektionen und Wartungsarbeiten im Versorgungsbereich und erlauben zugleich die Kontrolle des Auflagerbereichs der Gewölbedecke. Sämtliche Rohrdurchführungen durch die bestehende Kanalwand wurden fachgerecht und dauerhaft dicht ausgeführt.
Die Sanierung des historischen Mischwasserkanals unter der Bahnstrecke Heidelberg–Karlsruhe in Bruchsal markiert den erfolgreichen Abschluss eines technisch anspruchsvollen Infrastrukturprojekts. Trotz unerwarteter Herausforderungen, wie dem Asbestfund, und der anspruchsvollen Logistik unter laufendem Bahnbetrieb, konnte dieses kritische Infrastrukturelement für die Zukunft gesichert werden. Gleichzeitig wurde durch die Neuordnung der Leitungen und die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten wertvoller Raum für neue Versorgungsleitungen geschaffen. Das Projekt in Bruchsal unterstreicht eindrücklich die Notwendigkeit kontinuierlicher Investitionen in die unterirdische Infrastruktur. Nur so kann die Ver- und Entsorgungssicherheit urbaner Räume nachhaltig gewährleistet werden – eine Anforderung, die gerade vor dem Hintergrund zunehmender Extremwetterereignisse und steigender Anforderungen an die Versorgungssicherheit immer mehr an Bedeutung gewinnt.
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